Efeu - Die Kulturrundschau
Die besten Kritiken vom Tage. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.
07.05.2024. SZ und Tagesspiegel tauchen bei einer Mike Kelley-Schau in Düsseldorf ab ins Unbewusste der amerikanischen Gesellschaft. Die FAZ trifft den ukrainischen Künstler und linken Aktivisten David Chichkan, der das Bild der Linken in der Ukraine zurechtrücken will. France Culture würdigt den Fernsehmoderator Bernard Pivot - den französischen Reich-Ranicki. Die NZZ feiert den 200. Geburtstag von Beethovens Neunter. Die Zeit trifft den Rapper Nemo, der die Schweiz beim ESC vertritt und alle ziemlich umhaut.
06.05.2024. Die Feuilletons trauern um Frank Stella: Er startete beim Kleinstmöglichen und endete in der "buntestmöglichen Explosion des Gemäldes im Raum", erinnert die SZ. Die Welt wird völlig umgehauen von David Haddas bereits in Cannes ausgezeichneter ARD-Serie "Die Zweiflers". Die NZZ entdeckt Wu Tsangs "Carmen" in Zürich als Tanztheater - die Nachtkritik sieht dabei sogar dreifach. Die Welt verabschiedet sich wehmütig von Doc-Martens und der Subkultur.
04.05.2024. Der Deutsche Filmpreis wurde verliehen: Der Hauptpreis ging an Matthias Glasners "Sterben", die "beste Regie" an Ayşe Polat für "Im toten Winkel". Der Tagesspiegel kann mit dieser Entscheidung gut leben. Zeit Online ist erleichtert, dass die Preisverleihung diesmal ohne Eklat stattfand. Siri Hustvedt macht ihrer Wut auf Instagram Luft: kaum war ihr Ehemann Paul Auster tot, wusste es schon das ganze Netz - die SZ pflichtet ihr bei. Ulrich Rasches "Nathan der Weise" in Berlin gibt sich nicht mit einer oberflächlichen Botschaft der Harmonie zufrieden, loben Tagesspiegel und SZ.
03.05.2024. Lars Henrik Gass erklärt in der NZZ, warum er Antisemitismus auf seinen Oberhausener Kurzfilmtagen nicht zulässt. "Ariadne auf Naxos" am Nationaltheater ist den Besuch in Mannheim unbedingt wert, befindet die FR. Das ND stellt fest, dass Neuerungen in der Oper gelingen können - zumindest, wenn sie von Kirill Serebrennikov kommen. Die FAZ lässt sich von den Fotografien Alice Springs' begeistern. Die Publikumszahlen in Klassikhäusern steigen nach Corona wieder, hat VAN herausgefunden. Die FAZ bleibt bei Young-Adult-Literatur skeptisch.
02.05.2024. Paul Auster ist tot, die Feuilletons trauern. Die SZ evoziert noch einmal die persönlichen Panoramen des Schriftstellers, die Zeit erinnert sich daran, wie Auster einen Arm über die Grenze zwischen Realem und Fiktivem baumeln lässt. Das Berliner Theatertreffen startet derweil mit hohen Erwartungen; die FAZ freut sich auf die vielseitigste Ausgabe seit langem. Der rumänische Regisseur Radu Jude ist von Autofiktion genervt, berichtet er der taz. Ein Elfriede-Jelinek-Stück an den Kammerspielen lädt laut Zeit dazu ein, sich in Liegestühlen zu verheddern.
30.04.2024. Die Welt sieht für den Schriftstellerverband PEN nach den jüngsten Entgleisungen von BDS-nahen Mitgliedern keine große Zukunft mehr. Außerdem staunt sie über die "Immaterialität" des gigantischen Bauprojekts "Neom" in der Wüste Saudi Arabiens. Das hätte Wagner nicht gefallen: FAZ und FR sehen Matthew Wilds homosexuellen "Tannhäuser" in Frankfurt. Die israelische Sängerin Eden Golan sollte ihr Hotelzimmer während des ESC in Malmö nicht verlassen, berichtet die taz.
29.04.2024. Der Musikwissenschaftler Esteban Buch fordert in Backstage Classical eine Aufarbeitung von Karajans Sympathien für Hitler - und eine neue Europa-Hymne. Der Leiter der Kurzfilmtage Oberhausen Lars Henrik Gass schildert in der taz, wie das Filmfestival nach seinen Solidaritätsbekundungen mit Israel boykottiert wird. Die NZZ bekommt von Romeo Castellucci am Theater Basel gezeigt, wie man Mozarts Requiem aufführt - als "Feier des Lebens". Die FAZ sieht in einer Ausstellung in Venedig himmlische Brüste.
27.04.2024. Die Filmkritiker trauern um Michael Verhoeven, mit dem ein Stück westdeutscher Autorenfilmgeschichte zu Ende geht. Nachtkritik und Tagesspiegel sitzen gebannt in ihren Waben, wenn Kay Voges Sibylle Bergs Systemumsturz-Spektakel "RCE" auf die Bühne des Berliner Ensembles bringt. Die SZ berichtet, wie der Berliner Technoclub about blank, ein Safe Space für die LGBTQ-Szene, für seine proisraelische Haltung von queerfeministischen Kollektiven angefeindet wird. Die taz ist mit Rainald Goetz entsetzt, wie brutal Michael Rutschky in seinen Tagebüchern mit engsten Freunden abrechnete.
26.04.2024. Die Volksbühne verabschiedet sich mit einer Trauerparty von ihrem Intendanten René Pollesch, Tagesspiegel und Berliner Zeitung sind froh und wehmütig zugleich. Alle wichtigen Schriftsteller leben im Exil, sorgt sich die NZZ um die Zukunft der russischen Literatur. Die Kritiker freuen sich über die intime Kenntnis der deutschen Schlagerszene, die die Pet Shop Boys auf ihrem neuen Album zeigen. Artechock und Blickpunkt Film machen sich Gedanken zum Antisemitismus auf Filmfestivals. Wolfgang Tillmans macht sich im Interview mit dem Tagesspiegel für die differenzierende Mitte in der Kulturpolitik stark.
25.04.2024. Im Tagesspiegel erzählt Ronya Othmann, wie schwierig es war, über das Massaker des IS an den Jesiden zu schreiben. Die Berliner Zeitung schaut im Barberini in die sphinxhaft leeren Mandelaugen von Amedeo Modiglianis selbstbewussten Evas. Die Filmkritiker wundern sich, dass in Luca Guadagninos "Challengers" erstaunlich wenig auf dem Tennisplatz gebumst wird. Und die SZ blickt mit Alexander Zeldin an der Schaubühne in die Schmutzecken der Klassengesellschaft.